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Editorische Notiz:

Der nachfolgende Text wurde im Januar 1991 als Brief für die Leninistisch-trotzkistische Tendenz an die italienische Gruppe Voce Operaia verfaßt, als Diskussionsbeitrag zu deren damalige Thesen zur Weltlage. Letztere brach daraufhin die Diskussion ab. Die LTT bestand seinerzeit aus einigen wenigen deutschen und belgischen sowie aus britischen Genossen, der sich dann südafrikanische Trotzkisten anschlossen. Die LTT löste sich Mitte der neunziger Jahre auf.

Wir veröffentlichen den Text wegen der immer noch aktuellen Debatte um den Charakter der Epoche, aber auch wegen der Passagen zum Zusammenbruch der Arbeiterstaaten im RGW.


Dieter Wilhelmi:

Anmerkungen zu den Voce-Operaia-Thesen

zur Weltlage (Januar 1991)

1. Zum objektiven Charakter der imperialistischen Epoche

Ausgangspunkt des Dokuments von Voce Operaia (VO) ist die These, daß die wichtigsten Prognosen der Dritten und Vierten Internationalen falsch gewesen sind. Es wird behauptet, daß nach der Oktoberrevolution die Bolschewiki bzw. die Kommunisten erwartet hatten, daß das kapitalistische System innerhalb der folgenden zwei Dekaden zusammenbrechen würde.

Wenn diese Aussage keine falsche Übersetzung gewesen ist, sind wir damit nicht einverstanden. Die Behauptung, daß die Komintern und die IV. Internationale übereinstimmend von der Theorie eines unvermeidlichen Zusammenbruchs des Kapitalismus ausgingen, ist kaum mit den historischen Tatsachen in Übereinklang zu bringen. Es stimmt, und das zeigt das VO-Dokument selbst auf, daß die Bolschewiki kurzfristig auf eine Lösung der Krise der proletarischen Führung gehofft hatten, aber das VO-Dokument ist bar jeden Verständnisses des Verhältnisses zwischen der objektiven Situation und der revolutionären Führung.

1.1. Die Reife der objektiven Bedingungen für die Revolution

Marx war der Meinung, daß Kapitalismus sein historisch Fortschrittspotential erschöpft haben würde, sobald der Weltmarkt hergestellt sein würde, mit einer weltweiten Arbeitsteilung als seiner Grundlage. Er erwartete, daß dann eine revolutionäre Epoche beginnen würde. Er erwartete den Beginn einer Kette von Kämpfen, die schließlich mit dem Sieg der Arbeiterklasse innerhalb der fortgeschrittensten kapitalistischen Länder enden würde - vorausgesetzt es gelänge, die Arbeiterklasse oder zumindest ihren revolutionären Teil, als revolutionäre Partei zu organisieren. Wie bereits von Kautsky in der Debatte gegen den Revisionismus von Bernstein betont und bewiesen worden war, ist in der marxistischen Theorie nie von einem automatischen, "bloß ökonomischen" Zusammenbruch die Rede gewesen.

Als die Zweite Internationale die Klassenlinie überschritten hatte und auf die Seite der bürgerlichen Ordnung übergegangen war, betrieben die Bolschewiki die Gründung der Komintern, um die Krise der revolutionären Führung zu lösen. Aber wir kennen nicht eine einzige offizielle Resolution, die einen Zeitplan für den Sieg der Weltrevolution aufgestellt hätte. Nur eines ist sicher: Die Bolschewiki und die Komintern hatten auf die baldige Ausdehnung der Revolution gehofft, besonders nach Deutschland.

Aber es ist auch eine unleugbare Tatsache, daß sich die Komintern auf ihrem dritten Kongreß erst einmal von ihren Hoffnungen verabschieden mußte, daß es kurzfristig zum Sieg der Weltrevolution kommen könnte. Lenin, Trotzki, Sinowjew und Radek betonten im Gegenteil, daß die Hauptaufgabe der kommunistischen Parteien zunächst darin bestand, entscheidenden Einfluß auf die Mehrheit des Proletariats zu gewinnen (die Massen erobern und sie führen). Zu diesem Zweck theoretisierte die Komintern die Einheitsfrontpolitik und verlangte von ihren Sektionen, die Massen mit einem Programm von Teil- und Übergangsforderungen zu mobilisieren. Dennoch war die Auffassung vom Todeskampf des Kapitalismus nicht über Bord geworfen worden. Es war Trotzki, der als einer der Hauptredner auf dem dritten Weltkongreß ausführlich die Position erklärte, daß es darauf ankomme, zwischen der grundlegenden, historischen Krise des kapitalistischen Systems und konjunkturellen Krisen zu unterscheiden. Für Trotzki war diese Position, die für ihn im Zusammenhang mit der Theorie der langen Wellen stand, noch 1938 gültig. Wir kennen alle den Titel des Gründungsprogramms der Vierten Internationale: "Der Todeskampf des Kapitalismus und die Aufgaben der Vierten Internationale"[1]. Nur die Auffassung vom Todeskampf des Kapitalismus steht mit der Leninschen Analyse des Imperialismus als dem letzten Stadium des Kapitalismus, als der Epoche des faulenden Kapitalismus in Übereinklang.

1.2. Die Rolle des subjektiven Faktors

Unter den Bedingungen der Reife der objektiven Vorbedingungen für die sozialistische Revolution, ist die Frage des subjektiven Faktors der Revolution, letztlich die Frage nach der revolutionäre Partei, der Schlüssel für die Situation. In dem Maße, in dem die Masse des Proletariats seine Erfahrungen mit dem von Krisen geschüttelten Kapitalismus macht und in dem alte ideologische Überzeugungen durch plötzliche und unerwartete Wendungen zerbrechen, wird das Eingreifen der Revolutionäre in den Klassenkampf entscheidend. Dann hängt alles von ihrer Fähigkeit ab, die objektive Situation rechtzeitig zu analysieren, und davon, daß sie über das notwendige Programm und die Entschlossenheit und Energie verfügen, die Mehrheit des Proletariats für revolutionäre Perspektiven und Aufgaben zu gewinnen. Ohne Einheitsfrontpolitik und das Konzept der Übergangsforderungen ist das nicht möglich.

Aber auch in ruhigeren Etrappen des Klassenkampfs besteht die Aufgabe darin, durch die Entfaltung revolutionärer Propaganda, die Schaffung eines revolutionären Kaderkerns und das Einbringen revolutionärer Perspektiven in Teilbewegungen und die systematische Arbeit in Massenorganisationen und sozialen Bewegungen die Grundlagen für den Parteiaufbau zu legen.

Ohne eine revolutionäre Partei, ohne eine systematische Arbeit der Revolutionäre und ohne die Fähigkeit, sich den Aufgaben der Zeit gewachsen zu zeigen, sind Niederlagen unvermeidlich. Solche Niederlagen können in historischen Niederlagen einmünden, die strategische Konsequenzen haben. Der Kapitalismus überlebte die revolutionäre Konjunktur am Ende des ersten Weltkrieges wegen der Rolle der Sozialdemokratie und wegen des Mangels an Erfahrungen der Komintern-Sektionen. Der Ausfall und der Verrat von KPD und SPD bereiteten den Nazis den Weg und mündeten schließlich in den Zweiten Weltkrieg. Und dann, nach 1945, war es der Stalinismus, der die entscheidende Rolle spielte, und dem geschwächten kapitalistischen System dabei half zu überleben und die sozialen Grundlagen für die Hochkonjunktur der imperialistischen Wirtschaft zu legen.

Es ist zweifellos falsch und, wie im Fall einiger Strömungen der trotzkistischen Bewegung geschehen, ebenso katastrophal, diese Analyse auf eine lediglich subjektivistische Version einer Art von Verschwörungstheorie zu reduzieren und so die für die revolutionäre Bewegung so extrem ungünstigen Folgen zu erklären, die mit dem Nachkriegsboom verbunden waren.

Aber wir haben dennoch zu betonen, daß die internationalen politischen und allgemein gesellschaftlichen Ereignisse viel stärker in das Bewußtsein des Proletariats eingegraben sind, als "rein ökonomische" Fragen, die selbstverständlich ihre Bedeutung behalten. Aber auch auf diesem Gebiet müssen wir uns bewußt sein, daß die allgemeine ökonomische Situation für das proletarische Bewußtsein wichtiger ist, als die Situation in einem gegebenen Betrieb. Wir verteidigen folglich Lenins Ablehnung jeder Art von Ökonomismus. Um zu den VO-Thesen zurückzukehren: Wir stimmen sicher hinsichtlich der Kritik an denjenigen Strömungen überein, die seit über 70 Jahren von einer "unmittelbar bevorstehenden" Revolution sprechen. Aber in dieser Hinsicht vermissen wir Präzision bezüglich unserer allgemeinen politischen Geschichte, die ein Erbe ist, das wir nicht leichtfertig aufgeben sollten.

1.3. Zur Frage der marxistischen Krisen- und Revolutionstheorie

Am Anfang unterstrichen wir, daß die Bolschewiki, besonders Lenin und Trotzki, ihre Politik nicht auf eine mechanistische und objektivistische Theorie der Stagnation gründeten. Dasselbe gilt für die Komintern. Wenn die VO-Thesen im Gegensatz zu den historischen Tatsachen die Behauptung aufstellen, daß die revolutionäre Bewegung jahrzehntelang Gefangene dieses Schemas blieb, können wir nicht zustimmen. Tatsächlich hatte die mechanistische Version dieser Theorie, die allerdings von Teilen der trotzkistischen Bewegung nach dem Zweiten Weltverteidigt worden war, mehr mit Kautsky gemein als mit Trotzki - selbst wenn wir uns für diese Feststellung beim Kautsky von 1901 entschuldigen müssen, der damals weniger schematisch war als z.B. Leute wie Michel Varga:

"Nach unserer Theorie ist diese Entwicklung eine Notwendigkeit, und es wird dadurch allein schon bezeugt, daß die kapitalistische Produktionsweise ihre Grenzen hat, über die sie nicht hinaus kann. Es muß eine Zeit kommen und sie liegt vielleicht schon sehr nahe, von der an es unmöglich wird, daß der Weltmarkt sich jemals auch nur vorübergehend rascher ausdehnt, als die gesellschaftlichen Produktivkräfte, wo für alle industriellen Nationen die Überproduktion chronisch wird. Auch für diese Zeit ist ein Auf- und Absteigen des wirtschaftlichen Lebens möglich und wahrscheinlich; eine Reihe technischer Umwälzungen, die eine Masse bestehender Produktionsmittel entwerthen und große Neuschaffungen an Produktionsmitteln hervorrufen, die Entdeckung neuer reicher Goldlager und dergleichen, kann auch dann noch zeitweise den Geschäftsgang beleben. Aber die kapitalistische Produktionsweise bedarf ununterbrochene, rascher Ausdehnung, soll nicht die Arbeitslosigkeit und die Elend für die Arbeiter und die Unsicherheit für die kleinen Kapitalisten aufs Höchste steigen. Der Fortgang der kapitalistischen Produktion bleibt selbstverständlich auch in diesem Stadium chronischer Depression noch möglich, aber sie wird für die Masse der Bevölkerung völlig unerträglich, diese sieht sich gezwungen, nach einem Ausweg aus dem Elend zu suchen und sie kann diesen nur im Sozialismus finden... Ich halte diese Zwangslage für unausweichlich, wenn die ökonomische Entwicklung wie bisher vor sich geht, aber ich erwarte, daß Sieg des Proletariats zeitig genug eintritt, um der Entwicklung eine andere Richtung zu geben, ehe die fragliche Zwangslage eintritt, so daß es möglich wird, dieser zu entgehen." (Karl Kautsky, Krisentheorien, in: Die Neue Zeit, Jhg. XX, Bd. 2 (1901-1902), S. 140f - zitiert nach Paul M. Sweezy, Theorie der kapitalistischen Entwicklung (1942), deutsche Ausgabe 1958, Raubdruck o.Jhg (ca. 1970), S. 156).

Zwischen den zwei Weltkriegen wies Trotzki wiederholt auf die damals bestehende Stagnation auf internationaler Ebene hin. Aber gleichzeitig betonte er, daß eine neue Blüteperiode des Kapitalismus theoretisch nicht ausgeschlossen werden könnte, wenn sich große Niederlagen der Arbeiterklasse, Kriege und andere Katastrophen ereignen sollten:

"Theoretisch ist allerdings auch nicht ausgeschlossen, daß in den mächtigsten, führenden und dominierenden Ländern ein neues Kapitel eines allgemeinen kapitalistischen Aufschwungs beginnt. Um es dahin zu bringen, müßte der Kapitalismus aber erst noch gigantische klassenmäßige und zwischenstaatliche Barrieren niederreißen, er müßte die proletarische Revolution auf Dauer unterdrücken, China endgültig versklaven, die Sowjetrepublik stürzen u.s.w. u.s.f. Bis dahin ist es noch ein weiter Weg. Diese theoretische Möglichkeit ist die unwahrscheinlichste. Letztlich wird diese Frage durch den weltweiten Kampf der Klassenkräfte entschieden. Aber in der gegenwärtigen Epoche, für die das Programm formuliert wird, stößt die allgemeine kapitalistische Entwicklung auf unüberwindliche Barrieren von Widersprüchen und kämpft rasend dagegen an."(L.Trotzki, Kritik des Programmentwurfs für die Kommunistische Internationale, 1928, Trotzki Schriften, Bd. 3.2Hamburg 1997, S. 1158 (1259 f).

Und, bezüglich der Offenheit der Entwicklung ebenso unzweideutig: "Nehmen wir für einen Moment an, daß sich die Arbeiterklasse nicht zum revolutionären Kampf erhebt und der Bourgeoisie die Möglichkeit eröffnet, die Geschicke der Welt für eine lange Anzahl von Jahren zu beherrschen, sagen wir zwei oder drei Jahrzehnte, dann würde sicherlich irgendeine Art von neuem Gleichgewicht hergestellt. Europa würde gewaltsam zurückgeworfen. Millionen europäischer Arbeiter würden arbeitslos und an Unterernährung zugrunde gehen. Die Vereinigten Staaten wären gezwungen, sich auf dem Weltmarkt neu zu orientieren, ihre Industrie umzubauen und während einer beträchtlichen Periode schrumpfen. Danach, nachdem auf diese Weise in 15, 20 oder 25 Jahren eine neue, krisenhafte Weltarbeitsteilung hergestellt ist, könnte möglicherweise eine neue Epoche des kapitalistischen Aufschwungs folgen." (L.Trotzki, Bericht über die Weltwirtschaftskrise und die neuen Aufgaben der kommunistischen Internationale, in: The First 5 Years of the Communist International, New York 1972, P. 211).

Diese Haltung wurde sogar offenbar, als Trotzki Kondratieffs Version der Theorie "der langen Wellen" kritisierte, eine Theorie, die er im Wesentlichen teilte:

"Das periodische Wiederkehren der kleinen Zyklen ist durch die innere Dynamik der kapitalistischen Kräfte bewirkt und zeigt sich immer und überall, seit der Markt existiert. Was die großen Abschnitte (50 Jahre) der Entwicklungskurve der kapitalistischen Entwicklung betrifft, die Professor Kondratieff unvorsichtigerweise vorschlägt, sie auch als Zyklen zu bezeichnen, so sind ihr Charakter und ihre Länge nicht durch die inneren Wechselwirkungen der Kräfte des Kapitalismus bestimmt, sondern durch jene externen Faktoren, die die Bahn bilden, in der die Entwicklung des Kapitalismus verläuft. Die Einverleibung neuer Länder und Kontinente durch den Kapitalismus, die Entdeckung neuer natürlicher Ressourcen und in deren Gefolge, solche Hauptereignisse im Bereich des 'Überbaus' wie Kriege und Revolutionen, determinieren den Charakter und das Abwechseln von ansteigenden oder niedergehenden Epochen der kapitalistischen Entwicklung." (L.Trotzki, Die Kurve der kapitalistischen Entwicklung (21.4.1923) in: Die langen Wellen der Konjunktur, hrsgg. von Olle & Wolter, Berlin 1972, S. 121 (128).

Trotzki wies die Idee einer automatischen, lediglich ökonomischen Dynamik der kapitalistischen Produktionsweise zurück und forderte statt dessen "von einem konkreteren Studium der Kurve des Kapitalismus auszugehen und der Wechselbeziehungen zwischen ihr und allen Aspekten des sozialen Lebens" (ebenda S.131).

In Bezug auf Trotzki und die trotzkistische Bewegung weisen wir folglich die Position zurück, diese hätten sich während der zwanziger und dreißiger Jahre "mechanistischer Vereinfachungen" schuldig gemacht. Wir haben den Eindruck, daß diese ungerechtfertigte Kritik an Trotzki auf einer überzogenen Kritik der Positionen Trotzkis beruht, nämlich der bezüglich der Frage nach der Entwicklung der Produktivkräfte. Die VO-Thesen widersprechen der im Übergangsprogramm enthaltenen These, wonach die Produktivkräfte nicht mehr wachsen, mit dem Argument, daß das Kapital den Arbeitsprozeß laufend revolutionieren muß und damit die Produktivität der Arbeit. Aber das hat die Theorie der Kommunistischen Internationale, daß eine lange Periode der Stagnation angefangen hatte, nie ausgeschlossen:

"Der explosive Charakter der neuen Epoche (...) resultiert daraus, daß sich das kapitalistische Weltsystem historisch erschöpft hat und sich als ein Ganzes nicht mehr erholen kann. Das besagt nicht, daß nicht einzelne Industriezweige und einzelne Länder wachsen und wachsen werden, auch in bisher nicht gekanntem Tempo. Doch vollzieht sich diese Entwicklung gegenwärtig und künftig um den Preis einer Wachstumsstockung in anderen Industriezweigen und Ländern." (L.T., Kritik des Programmentwurfs der Dritten Internationale, a.a.O., S. 1259).

Wir stimmen mit Eurer Kritik überein, daß die Produktivkräfte des Kapitals tatsächlich eine neue Periode eines generalisierten Wachstums während des Booms der Nachkriegswirtschaft erfahren haben. Dieser Wirklichkeit mit Zitaten von Trotzki entgegenzutreten, die auf eine spezifische historische Analyse bezogen sind ist und war immer absurd. Dennoch ist das von Teilen der trotzkistischen Bewegung gemacht worden. Das ist ein Argument gegen diese, nicht gegen Trotzki, der solche Arten von Schematismus immer zurückgewiesen hat:

"Man muß lernen zu differenzieren. Wer bloß jahrein jahraus wiederholt, daß sich 'die Massen radikalisieren werden, die Lage revolutionär' ist, der ist kein politischer Führer, sondern ein stumpfsinniger Agitator; bei dem man sicher sein kann, daß er die Revolution nicht erkennt, wenn sie wirklich kommt. Wie sollen wir die derzeitige Situation einschätzen? Es ist eine Übergangssituation, voller Widersprüche, die noch nicht schon voll entwickelt sind, eine, die verschiedene Möglichkeiten bereit hält. Die nachfolgende Entwicklung dieses Prozesses muß aufmerksam verfolgt werden, ohne sich an den eigenen Formeln und hohlen Phrasen zu berauschen. Und man muß jederzeit in der Lage sein, sich zu adäquat zu den abrupten der Situationsveränderungen zu verhalten." (L.T., The Third International After Lenin, ibidem, p. 261).

Schließlich müssen wir betonen, daß die kommunistische Internationale ebenso wie die marxistische Bewegung im allgemeinen diese Fragen nie vollständig geklärt hat. Die marxistische Theorie zu Krise und Revolution ist nie unumstritten gewesen. Nicht nur Bernstein, sondern auch Rosa Luxemburg sowie ihre Nachfolger in der KPD sowie später H. Groszmann verteidigten die Position, daß der Kapitalismus letztendlich aus lediglich ökonomischen Gründen zusammenbrechen mußte. Bucharin verteidigte zuerst die Position, daß die kapitalistische Stagnation zum alsbaldigen Zusammenbruch führen würde, um sie dann zugunsten der Hypothese einer langanhaltenden organischen Entwicklung des Kapitalismus aufzugeben. Tatsächlich wurde Bucharin nach Bernstein der Held aller Theoretiker, die glaubten, der Kapitalismus könnte seine Widersprüche bändigen. Und es ist kein Wunder, daß Bucharin der Held der restaurationistischen Bürokratie in Osteuropa wurde. Hinsichtlich der Krisentheorie bleibt noch viel zu tun. Aber wir sollten einen gemeinsamen Ausgangspunkt haben.

Einige Aspekte der VO-Thesen erscheinen uns diesbezüglich fraglich. Wir meinen zum Beispiel, daß der Kapitalismus trotz des Nachkriegsbooms der imperialistischen Wirtschaft seinen fortschrittlichen Charakter nicht wiedergewonnen hat, jedenfalls ausgehend vom Standpunkt des Proletariats. Die neuerliche Blüte der kapitalistischen Produktivkräfte war für die Weltarbeiterklasse destruktiv. Sie hat ihr enorme Belastungen auferlegt und letztlich neue und bis dahin unbekannte Gefahren für die Menschheit geschaffen. Die sozialistische Revolution blieb folglich eine objektive Notwendigkeit, obgleich dieser Kampf unter extrem schwierigen Bedingungen geführt werden mußte (die sich selbstverständlich international stark unterschieden). Aber sogar während dieser Hochkonjunkturperiode des Imperialismus blieb dieser Imperialismus. Die Epoche blieb eine der plötzlichen und abrupten Wendungen, obgleich in den meisten Ländern auf einem viel niedrigeren Niveau.

Inzwischen glauben wir, daß sich die Ursachen des Nachkriegsbooms seit 1971 erschöpft haben (Dollar-Krise). Aber es sind von der Weltabeiterklasse neue Gelegenheiten verpaßt worden - mit dem Resultat, daß wir uns der teilweisen Hochkonjunktur der Achtziger Jahre gegenübersahen und jetzt mit einer Übergangssituation konfrontiert sind, die sehr konkret analysiert werden muß. Im Moment scheint es, gibt es mehr Übereinstimmung hinsichtlich dieser anstehenden Aufgabe als hinsichtlich der Vergangenheit. Aber ein korrektes Verständnis der Vergangenheit ist wichtig, wenn wir die gleichen Lehren aus ihr ziehen und daraus eine gemeinsame Herangehensweise an künftige Aufgaben entwickeln wollen.

Im Kapitel "Arbeiter und Kapital" können wir kaum die These teilen, daß die Halbautomatisierung das höchste Niveau erreicht hat, das sie unter dem Kapitalismus erreichen kann. Wir sehen keine technologische Grenze, die der Kapitalismus nicht überschreiten könnte. Die gleichen Zweifel haben wir bezüglich der These, daß die Halbautomatisierung "eine eindeutige Feindschaft der Arbeiterklasse hervorruft und ebenso ein eindeutig revolutionäres Bewußtsein". Wir glauben, daß es weder eine ökonomische materielle Begrenzung für den Kapitalismus gibt, noch daß es möglich, das konkrete Bewußtsein des Proletariats aus der materiellen Seite des Produktionsprozesses abzuleiten

2. Über den Sturz des Stalinismus

2.1. Eine unzureichende Analyse des Stalinismus

Es scheint, daß die VO-Thesen den Stalinismus nicht nur mit den Massenbewegungen identifizieren, die von ihm geführt werden (unter anderem den Gewerkschaften), sondern auch mit den bürokratisch deformierten Arbeiterstaaten und ihrem kollektivistischen System. Selbst als bloße Beschreibung ist das unakzeptabel.

Die historische Entstehung des Stalinismus, das heißt des verselbständigten Bürokratismus und seines politischen Regimes sowie der Politik, die daraus folgte, weist klar auf die Notwendigkeit hin, zwischen Stalinismus, Staat und System zu unterscheiden. Nur diese Unterscheidung ermöglicht es uns, den Kern des Programms der politischen Revolution - Aufrechterhaltung des kollektivistischen Staates, der Planung und des Außenhandelsmonopols - abzugrenzen vom Kern des Programms der kapitalistischen Restauration: Wiederherstellung des Privateigentums an Produktionsmitteln, Zerstörung der Planung und des Monopols des Außenhandels, Schaffung einer frei konvertierbaren Währung, um die Integration in den Weltmarkt zu ermöglichen.

Aus politischen und programmatischen Gründen ist diese Unterscheidung zwischen Arbeiterstaaten und Stalinismus auch zwingend für diejenigen Staaten, die von Anfang an bürokratisch deformiert gewesen sind. Das ist der Grund dafür, daß wir die Bezeichnung "Stalinistische Staaten" mindestens für zweideutig halten und weshalb wir der Ansicht sind, daß diese Bezeichnung vermieden werden sollte.

Die unzulängliche und extrem oberflächliche Beschreibung des Stalinismus entspricht dem Nichtvorhandensein einer politischen Analyse der Rolle der Bürokratie als gesellschaftlicher Kaste im Rahmen des Prozesses des "Zusammenbruchs" des Stalinismus. Für uns ist die stalinistische Bürokratie in allen Arbeiterstaaten während der entscheidenden Stadien der Restauration die Hauptkraft der sozialen Konterrevolution gewesen.

2.2. Zur Analyse des gesellschaftlichen Charakters der Bewegungen

Die Gleichsetzung von Bewegungen mit ihren politischen Führungen ist falsch und kann desaströse Folgen nach sich ziehen. Diese generalisierte These, die von VO auf von Sozialdemokraten geführte Gewerkschaften ebenso wie auf Massenbewegungen in Osteuropa unterschiedslos angewendet wird, hält keiner kritischen Überprüfung stand. Die Notwendigkeit einer Unterscheidung zwischen Führung und Basis sollte unter Trotzkisten kein Diskussionsgegenstand sein, aber sie ist nur eine Faustregel. Tatsächlich müssen wir jede Sozialbewegung sehr differenziert und genau einschätzen. Wir müssen sehen, welche grundlegende Bedürfnisse und (Klassen-)Interessen die Teilnehmer motivieren und wie diese treibenden Kräfte von der Führung zum Ausdruck gebracht oder mißbraucht werden. Nur dann machen wir uns ein vollständiges Bild. Aber der konkrete Charakter und die Dynamik einer gegebenen Bewegung wird auch durch den Charakter derjenigen Klassenkräfte festgestellt, die die Bewegung und ihre Intensität beeinflussen.

Nichts davon findet sich in den VO-Thesen. Anstelle einer Analyse finden wir die Zusammenfassung einer politischen Einschätzung der Führung aller osteuropäischen Massenbewegungen als "demokratisch-reaktionär". Außerdem wird die These aufgestellt, daß die Regierungsübernahmen durch diese Führungen die Hauptgefahr für die Arbeiterstaaten ist:

"Es besteht die reale Gefahr eines unmittelbar bevorstehenden Zusammenbruchs der stalinistischen Regime und der kollektivistischen Grundlage, auf der sie fußen, weil der Stalinismus nicht durch kommunistische Revolutionen sondern durch demokratisch-reaktionäre Massenbewegungen besiegt wird, die durch die kleinbürgerlichen Kräfte geführt werden, die die offene Unterstützung des Imperialismus und einiger Sektoren der regierenden Nomenklatura haben."

2.3. Stalinismus und Konterrevolution

Tatsächlich haben sich die entscheidenden Sektoren der osteuropäischen Bürokratien dazu entschlossen (und sich in der Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeitarbeit in Europa offiziell dazu verpflichtet) den Kapitalismus überall wiederherzustellen. Sie haben widerstrebende Teile der Bürokratie gesäubert oder es, wie in der UdSSR zumindest versucht. Überall haben sie sich beeilt, Bündnisse mit oppositionellen pro-kapitalistischen Kräften einzugehen, um einer politischen Revolution seitens dieser Kräfte zu entgehen - deshalb mußten diese Kräfte gar keine sozial Konterrevolution gegen die stalinistischen Bürokratien durchführen. Während des Stadiums der restaurationistischen Umwälzung der politischen Machtverhältnisse unterstützte der Imperialismus überall einen solchen Kompromiß. Erst während des zweiten Stadiums der Restauration, als die Grundentscheidungen zugunsten des Kapitalismus bereits getroffen worden waren und als es galt zu beweisen, daß der Bruch mit den alten stalinistischen Führungen endgültig war, setzte der Imperialismus auf die neuen demokratisch-reaktionären Führungen. Diese Kräfte müssen dann das Werk fortsetzen, das die Stalinisten überall anfingen und dann zusammen mit ihnen betrieben, die Restauration des Kapitalismus, d.h. die Zerstörung des Arbeiterstaats und die komplette Transformation des Arbeiterstaats.

Es ist deshalb fundamental falsch und mit dem bis jetzt abgelaufenen realen Prozeß der kapitalistischen Restauration unvereinbar, den Versuch machen zu wollen, zur Verteidigung der Arbeiterstaaten ein Bündnis mit dem Stalinismus in dessen Stadium der vorgerückten Dekadenz zu schließen. Es ist im Gegenteil erforderlich, die restaurationistische Rolle des Stalinismus, sowie die Zusammenarbeit zwischen internationalem Kapital und stalinistischer Bürokratie unaufhörlich anzuprangern.

Der politische Machtverlust der Stalinisten in einigen der Arbeiterstaaten widerspricht dieser Analyse nur scheinbar: Das internationale Kapital kann sich mit dem Weiterbestehen der Regierungspositionen von Stalinisten so lange abfinden, wie diese Kräfte noch über realen politischen Einfluß verfügen. Die Kapitalisten wissen jedoch, daß sich der Stalinismus im allgemeinen vollständig diskreditiert hat und daß seine andauernde Teilnahme am restaurationistischen Prozeß eine politische Belastung ist. Außerdem hegt der Imperialismus nicht viel Vertrauen in die Fähigkeit der Stalinisten, den Staatsapparat mit ausreichender Brutalität und Tempo umzubauen - damit tut der Imperialismus den Stalinisten übrigens unrecht. Es ist deshalb ein großer Fehler, wenn Trotzkisten den Versuch unternehmen, "Bündnisse" mit der Bürokratie zu schließen, wenn es Konflikte zwischen der Bürokratie und den "demokratisch-reaktionären" Massenbewegungen gibt, wie beispielsweise in Rumänien während des letzten Sommers. Dort stritt man sich lediglich darum, wer die Restauration führen sollte.

In Rumänien, wo nur einige Tausende "der demokratischen Reaktionäre" mit den Stalinisten in Konflikt geraten waren, die die Restauration bis dahin führten, ist das bloß ein kleiner Fehler gewesen, weil diese oppositionellen Kräfte damals keine Massenbasis in der Arbeiterklasse hatten. Aber es ging von diesen Kräften auch keine "Gefahr für den Arbeiterstaat" aus und die Regierung des nationalen Wiederaufbaus verteidigte nicht den Arbeiterstaat sondern nur ihre eigenen Positionen. Und ihr "Sieg" war kein Sieg der Arbeiterklasse.

Die iSt (International Spartacist Tendency) hatte 1981 einen ähnlichen Fehler begangen, aber in viel größerem Ausmaß. Die Spartakisten verstanden nicht, daß der Jaruzelski-Coup nicht so sehr gegen die Solidarnosc-Führung gerichtet war, als gegen die Mobilisierung der Arbeiterklasse. Solidarnosc mußte illegalisiert werden, weil ihre Führung nicht in der Lage gewesen war, ihre mobilisierte Basis zu kontrollieren. Später, 1987/88, als es der Walesa Führung gelang, die Basis im Zaum zu halten und die spontane Streikbewegung zu stoppen, wurde zwischen der stalinistischen Bürokratie, der Walesa-Führung, dem Klerus und dem Imperialismus ein Bündnis geschlossen, das diese Kräfte bereits 1980/81 angestrebt hatten (die polnische Bürokratie hatte bereits zu dieser Zeit keine grundlegenden polischen Differenzen mit der Walesa-Führung oder mit dem Imperialismus). Die Restauration des Kapitalismus ist das Resultat. Eine Restauration, die noch nicht vollständig durchgeführt ist, aber nur aus einem Grund, nämlich der Mangel an privatem Kapital, d.h. die Schwierigkeit die ursprüngliche Akkumulation von Kapital in Gang zu setzen.

2.4. Über den Charakter der osteuropäischen Staaten

Für uns wird der gesellschaftliche Charakter eines gegebenen Staates durch den Charakter der Produktionsweise bestimmt, die dieser Staat schützt und nicht durch die Beantwortung der Frage, wer die Regierungsmacht innehat, oder die Armee kontrolliert. Deshalb gehen wir davon aus, daß der Kapitalismus in Osteuropa nicht 1944/45 abgeschafft wurde, als die sowjetischen Streitkräfte diese Region militärisch eroberten, sondern erst 1947/48. Daß die militärische Kontrolle einer Region durch die Rote Armee nicht gleichbedeutend mit der Schaffung eines Arbeiterstaats war, wurde durch die Beispiele Finnland und der sowjetisch besetzten Zone Österreichs bewiesen.

Der Warschauer Pakt ist heute in Osteuropa mehr eine bewaffnete Sicherheitsgarantie für die restaurationistischen Kräfte als ein Schutz für die sehr wenigen noch bestehenden sozialistischen Errungenschaften. Tatsächlich besteht das Bündnis nicht mehr und wartet nur noch formal darauf, aufgelöst zu werden. Die Armeen der Pufferzone der UdSSR waren auch in viel größerem Umfang als die Sowjetarmee Armeen der nationalen Bürokratien und nicht Armeen der Arbeiterstaaten gewesen.. Und mit der möglichen Ausnahme von Jugoslawien scheinen sie der konterrevolutionären Linie der stalinistischen politischen Führung ohne wichtige Friktionen zu folgen.

Trotzdem gehen wir noch davon aus, daß es korrekt ist, von Arbeiterstaaten in der Phase der Transformation in bürgerliche Staaten zu sprechen. Und wir müssen hinzufügen, daß dieser Prozeß in der ehemaligen DDR abgeschlossen ist, in Polen fast vollständig abgeschlossen ist, ebenso in Jugoslawien, in Ungarn und in der CSFR. Diese reaktionäre Transformation stößt im Moment auf Schwierigkeiten, weil es keine entwickelte nationale Bourgeoisie gibt, nicht etwa wegen des proletarischen Widerstandes. Wir werden sehen, wann sich Arbeiterklasse Osteuropa gegen die Auswirkungen der Restauration beginnt, zur Wehr zu setzen - gegen Arbeitslosigkeit, Armut usw.. So lange, wie die Arbeiter den pro-kapitalistischen Demagogen einen Vertrauensvorschuß geben und so lange, wie sie nicht lernen, zwischen Stalinismus und Sozialismus zu unterscheiden, bleibt das Kapital in der Offensive. Aber die Schwäche des Kapitals in Osteuropa zwingt es, diese Offensive bis zu höchsten Extremen zu verschärfen. Das könnte eine Periode der konterrevolutionären Stabilität ausschließen.

Wir stimmen mit der Position überein, daß unter solchen objektiven und subjektiven Bedingungen es sehr wahrscheinlich ist, daß politische Diktaturen (aber nicht notwendigerweise stabile) errichtet werden könnten. Aber die VO-These, daß "in allen diesen Ländern, autoritäre, bonapartistische Demokratien ans Licht kommen und daß die gewählten Parlamente von Anfang an ihrer exekutiven Macht beraubt sein werden, die einem (...) Präsidenten übertragen sein wird", ist dennoch falsch. In Ungarn gibt es z.B. kein Präsidialsystem, wenn unsere Informationen korrekt sind. Die Formen und die Stadien der kapitalistischen Restauration müssen überall konkret analysiert werden.

2.5. Politische Revolution oder "konterrevolutionäre Ereignisse"?

Alles das, was in Osteuropa geschah, "politische Revolution" zu nennen, ist genauso falsch wie alle oppositionellen Bewegungen als "demokratisch-reaktionär" zu bezeichnen oder alles unter der Überschrift "konterrevolutionäre Ereignisse" zusammenzufassen. Beide Art von Fehlern können gefährliche Konsequenzen haben. Die Entwicklung Osteuropas seit 1980 zeigte, daß wir überall erste Zeichen einer beginnenden politischen Revolution hatten; aber wir hatten es auch mit konterrevolutionären Kräften zu tun. Es war und ist notwendig sehr konkret zu analysieren, welches die gesellschaftlichen Kräfte sind, die jede dieser Tendenzen fördern und stützen. Das ist um so notwendiger, weil die Arbeiterklasse als gesellschaftliche Trägerin der politischen Revolution die ersten Schritte in Richtung auf die politische Revolution spontan macht, ohne über ein klares Bewußtsein ihrer politischen Aufgaben zu haben und, noch wichtiger, ohne eine revolutionäre Führung. In dieser Hinsicht gibt es keinen qualitativen Unterschied zur sozialen Revolution. Das russische Beispiel 1917 ist lehrreich.

Jeder Schematismus kann bei der Festlegung politischer Taktiken nur in politische Katastrophen führen, wie wir am Beispiel der iSt zu Polen gesehen haben. In Rimini haben wir 1989 den Eindruck gehabt, daß es zwischen uns in allen diesen Fragen eine Konvergenz gab. Mittlerweile haben wir den Eindruck, daß wir uns getäuscht hatten. So oder so: Diese Probleme müssen geklärt werden.

3. Imperialismus und Kolonialrevolution

Bis jetzt hat die LTT noch nicht darüber diskutieren können ob Eure Analogien zum Jakobinismus, übernommen werden sollten oder nicht. Wir haben auch die Frage der antiimperialistischen Einheitsfront noch nicht besprochen. Dasselbe gilt für die VO-These, daß die sandinistische Revolution die Wasserscheide für das Stadium "der deformierten Revolutionen" gewesen ist. Diese Fragen müssen später besprochen werden.

Januar 1991


[1]Dies ist die gebräuchliche deutsche Übersetzung. Die wohl bessere Übersetzung wäre: "Das Siechtum des Kapitalismus und die Aufgaben der IV. Internationale".