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Haßprediger on Tour

Zweierlei Maß: Maulkorb für irakischen Politiker — Applaus für Mossad-General
Von Nick Brauns

Der irakische Exilpolitiker Awni Al Kalemji hat in Deutschland Redeverbot erhalten, weil er für das völkerrechtlich verbriefte Recht auf Widerstand gegen die koloniale Besatzung seines Heimatlandes eintritt. Er sei ein Haßprediger, sagt die Berliner Polizei über Al Kalemji, dem weder im Irak noch in Europa Anschläge vorgeworfen werden.

Ungestört kann gleichzeitig ein tatsächlicher Haßprediger seine tödliche Botschaft verbreiten. Brigadegeneral a.D. Ephraim Lapid war zwischen 1963 und 1984 Mitarbeiter des israelischen Geheimdienstes Mossad. Auf Einladung der Deutsch-Israelischen Gesellschaft tourt er momentan durch Deutschland, um über »München '72« und die Folgen zu sprechen.

Am Montag in München gehörte die Gewerkschaft der Polizei zu den Mitveranstaltern, am Dienstag sprach Lapid im Polizeipräsidium Frankfurt/Main. Die Gelegenheit wäre also günstig, einen geständigen Hintermann von Mordanschlägen in Europa dingfest zu machen. »Wir haben Menschen überall getötet, in Frankreich, in Deutschland ...«, rühmt sich Lapid extralegaler Hinrichtungen des Mossad an palästinensischen Politikern und Intellektuellen.

Angriffe auf Planer, Kommandeure und Organisatoren des Terrorismus zur Verhinderung zukünftiger terroristischer Aktivitäten seien die heute durchgeführten »Liquidierungen«, rechtfertigt Lapid die Taten gegenüber »allen anderen 'very Feinschmeckers' in Europa, die uns kritisieren«. Leider lasse sich das Terrorismusproblem nicht »rein militärisch lösen«. Zumindest auf der Versammlung in München waren »Feinschmeckers« rar. Lapid erntete von den rund 100 Besuchern Applaus statt Widerspruch. Eine Besucherin erklärte gar, sie hätte sich vom Mossad noch die Liquidierung Arafats gewünscht.

Im Spielberg-Film »München« befiehlt die israelische Ministerpräsidentin Golda Meir dem Mossad-Kommando, Rache für die elf bei den olympischen Spielen 1972 getöteten israelischen Athleten zu nehmen. Lapid wies diese Darstellung zurück: »Das war keine Rache«, sagte er in München; »Wir haben schließlich viel mehr als elf Männer getötet. Und alle Getöteten waren direkt persönlich für Anschläge verantwortlich«. Die Beweise dafür ist der Mossad bis heute schuldig geblieben. Schließlich ging es darum, möglichst viele PLO-Vertreter zu vernichten, die oft mit dem Münchner Anschlag nichts zu tun hatten. Dagegen lebt Abu Daud, der die Waffen für die Olympia-Geiselnahme beschaffte, bis heute ungestört in Damaskus.

Der Terrorismus begann für Lapid mit dem Jahr 1968, als PLO-Aktivisten erstmals eine Maschine der israelischen Luftfahrtgesellschaft ElAl entführten. Warum der palästinensische Widerstand plötzlich zu solchen Mitteln griff, blieb offen. Kein Wort über die vorangegangene Besetzung Ostjerusalems, der Westbank und Gazas 1967, nichts über die Vertreibung Hunderttausender Araber durch den Terror der zionistischen Kampfverbände Haganah und Irgun zur Staatsgründung Israels 1948.

Die Terroristen hätten im September 1972 in München alle Geiseln mit einer Handgranate getötet, behauptete Lapid. Dem stehen neuere, auch in der israelischen Presse veröffentlichte Erkenntnisse gegenüber, denen zufolge einige der Sportler Opfer der Polizeischüsse wurden. »Wir haben das untersucht«, meinte Lapid dazu. Er wolle aber nicht detailliert darauf eingehen, »um die Schande des deutschen Staates nicht zu vergrößern«.

Auch auf die Frage von jW, ob er keine Angst habe, bei seinen Europareisen wegen Beihilfe zum Mord verhaftet zu werden, blieb er eine Antwort schuldig. In der BRD muß er diesbezüglich wohl auch keine Befürchtungen haben. Die Deutsch-Israelische Gesellschaft wird demnächst ihr 40jähriges Bestehen mit einer Feier im Bundesinnenministerium begehen.