Marxistische Initiative - http://marxismus-online.eu/
Übersicht => Parlamentarismus
=> Ohne Konzept tiefer in die Krise

Parteienmisere zur Bundestagswahl 2025:

Ohne Konzept tiefer in die Krise

Das deutsche Parteienkartell aus CDU/CSU, der FDP und den übrig gebliebenen Ampelkoalitionären zeigt sich planlos. Die Orientierungslosigkeit der herrschenden Parteien hat natürlich nicht erst mit der Ampel begonnen.

Spätestens seit den Regierungen Merkels fehlte es den herrschenden Parteien an jeder Spur von Verständnis für die Triebkräfte, die das internationale Umfeld jeder einzelstaatlichen Politik bestimmen. Merkels Dauerparole "man wird eine Lösung finden" verfing lange Zeit. Aber in aller Regel konnten sie und ihre Koalitionspartner nicht einmal die Probleme benennen, die gelöst werden wollten. Statt Lösungen gab es pragmatische Wurschtelei. Unterdessen ging es stetig bergab. Die Wirtschaft stagnierte, die Infrastruktur verkam, das Bildungssystem und der Gesundheitssektor blieben immer weiter hinter den Anforderungen zurück. Die Umwelt ging vor die Hunde. Nur die Reichen wurden reicher. Visionen für eine bessere Zukunft der Masse der Bevölkerung, Arbeiterklasse und Mittelschichten wurden nicht präsentiert.

Blütenträume

Dabei sah es für das Kapital nach der Wende 1989/90 so hoffnungsvoll aus. Der Kalte Krieg war gewonnen. Die Sowjetunion und ihre Vasallenstaaten brachen zusammen - und auseinander. Fast überall brachen die Staatsapparate, zerbröckelten, die Planwirtschaften lösten sich auf und es boten sich den westlichen Kapitalisten neue gigantische Märkte für Exporte von Waren und Kapital. Es schien, als ob die Stagnation der Zeit seit 1970 überwunden werden könnte. Sogar die baldige Zerstückelung Rußlands und danach ein Würgegriff um China erschien möglich. Der dominante US-Imperialismus wähnte vor sich den Beginn eines amerikanischen Jahrhunderts seiner absoluten Vorherrschaft.

Die Nachwendezeit: Die blühenden Landschaften welkten

Aber dieser amerikanische Traum platzte. Der US-Imperialismus war weder stark genug, um die neuen Märkte allein zu erschließen, noch dafür, sich auch nur die relevantesten Teile des zu privatisierenden Staatseigentums anzueignen. Das gelang nur der deutschen Bourgeoisie in der DDR. Die herrschenden Bürokraten plünderten sonst überall das Staatseigentum und es entstanden neue und in einer Marktwirtschaft mit dem westlichen Kapital notwendigerweise konkurrierende Bourgeoisien. Die neue russische Bourgeoisie und der Putinsche Apparat konsolidierten schließlich das darniederliegende Rußland. Die von Seiten des US-Imperialismus erhoffte Umklammerung Chinas mißlang. China stieg ohne nennenswerte Brüche im Staatsapparat zu einer starken neuen Wirtschaftsmacht auf. Rußland und vor allem China bedrohten und verengten die Einflußgebiete der USA und ihrer Vasallen in Asien, im pazifischen Raum und Afrika. Die USA wollten Unterwerfung, kein freiheitliches Ringen im friedlichen Wettbewerb. Die Westmächte bedachten die ausgestreckte Hand Rußlands mit Beifall und feierten im Bundestag Putin mit stehenden Ovationen. Aber die ausgestreckte Hand Rußlands wurde dennoch ignoriert.

In Europa gelang es dem westlichen Imperialismus zumindest, den russischen Einfluß erheblich zu verringern. Die Einverleibung diverser osteuropäischer Staaten in die Europäische Union zerstörte deren vormalige Wirtschaftsverbindungen nach Rußland. Die schrittweise Aufnahme dieser Staaten in die NATO und schließlich der Versuch, die zunächst nicht so willige Ukraine 2014 mit Hilfe eines US-orchestrierten Putsches in die NATO zu lotsen, hat Rußland 2022 dazu veranlaßt, in die Ukraine einzumarschieren.

Anders als von allen alten imperialistischen Mächten erwartet, bewirkte die extreme Erweiterung des Weltmarktes in den neunziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts keinen neuen Boom der Weltwirtschaft. Der globale Niedergang setzte sich fort. Nur China boomte. Das verbilligte viele Produkte. Aber gleichzeitig schwächte die Verlagerung vieler Produktionsstätten nach China die industrielle Basis der alten imperialistischen Mächte, vor allem der USA. Die verschärfte globale Konkurrenz untergrub deren Macht. Das machte die alten Mächte jedoch nicht weniger aggressiv. Im Gegenteil.

Kriege in Permanenz - nach außen und innen

Den zwanzig Jahre währenden Afghanistankrieg ab Oktober 2001 hatten die USA schon weit vor seinem Beginn vorbereitet. Es folgten der US-Krieg gegen den Irak und später die u.a. Angriffe auf Syrien, Libyen, Serbien und ab 2014 in der Ukraine. Statt einer Epoche des Friedens, wie in der Wendezeit erhofft, folgte nach 1990 eine Epoche permanenter Kriege. Stets gingen die USA voran.

Der ab 2022 mit offener russischer Beteiligung geführte Ukrainekrieg bot den USA die Gelegenheit, gegen Rußland in die Offensive zu gehen. Sie begannen einen Wirtschaftskrieg ohnegleichen. Sie und ihre NATO-Vasallen hofften, mit bis dahin nie gesehenen Sanktionen Rußland in wenigen Wochen in die Knie zu zwingen. Sie erwarteten den Zusammenbruch des Regimes und setzten darauf, dann endlich Rußland zerstückeln zu können. Das ist bis heute der erklärte Wunsch der EU für den Ausgang des von der NATO angezettelten Wirtschaftskrieges. Unmittelbares Resultat ihrer Sanktionen war in den NATO-Staaten die dadurch entfachte enorme Inflation. Höhere Preise für Lebensmittel, Heizung, Mieten etc. verringerten die Reallöhne in vorher ungekanntem Ausmaß. Der Wirtschaftskrieg gegen Rußland war zugleich ein Wirtschaftskrieg gegen die eigene Arbeiterklasse.

Der Niedergang geht weiter

Hinter den abstrusen Siegeserwartungen der Herrschenden in den NATO-Staaten verbirgt sich erstens eine kollektive Fehleinschätzung der politischen und sozialen Lage in Rußland. Zweitens haben die maßgeblichen Politiker der NATO-Staaten offenbar weder einen blassen Dunst von der Leistungsfähigkeit der russischen Wirtschaft noch von dem des russischen industriellen militärisch-wirtschaftlichen Komplexes. Ein großer Teil dieser Leuchten weigert sich zu sehen, daß Rußland dabei ist, in der Ukraine einen Abnutzungskrieg gegen die gesamte NATO zu gewinnen. Sie ignorieren, daß ihre bombastischen Sanktionen vor allem der europäischen Wirtschaft geschadet haben und hier besonders der deutschen Industrie. Sie übersehen krampfhaft, daß sie dem US-Imperialismus geholfen haben, sich seiner europäischen Konkurrenz zu entledigen. Sie haben sich selbst geschädigt. Dem US-Imperialismus ist es zwar nicht gelungen, Rußland zu besiegen, aber seine europäischen Konkurrenten hat er erheblich geschwächt.

Mit Dankbarkeit dürfen die Vasallen des US-Imperialismus nicht rechnen. Der US-Imperialismus streckt seine Hände nach Kanada, Grönland, Panama und dem Gazastreifen aus. Der Wirtschaft aller Staaten, seien es Feinde, "Freunde" oder Exkolonien, wird mit Strafzöllen gedroht. Es zeigt sich, daß der im Niedergang befindliche US-Imperialismus immer aggressiver wird.

Und das, obwohl sich die NATO-Vasallen im Zuge des von ihnen mitgeführten Stellvertreterkrieges in der Ukraine in den Sog einer zügellosen Aufrüstungs- und Militarisierungspolitik begeben haben. Die hat auch eine ideologische Seite. Abweichende Meinungen werden an den Rand gedrängt oder deren Träger drangsaliert.

Was folgt?

Strittig ist unter den Herrschenden und ihren Parteien allenfalls, welches Ausmaß der imperialistische Irrsinn annehmen soll. Alle wollen sie die Militarisierung von Staat und Gesellschaft. Alle sind sich letztlich einig, daß die Arbeiterklasse die Lasten dieser Politik tragen muß. Angesichts sinkender Profitraten gibt es für sie keine Alternative. Die hierzulande maßgebenden Parteien sind weiter bereit, einen dritten Weltkrieg vorzubereiten und den Sozialstaat immer schneller zu demontieren. Sie betteln dabei weiter um die Gunst des US-Regimes.

Anstatt in einer Zeit verschärfter Weltmarktkonkurrenz die eigene Wettbewerbsfähigkeit zu verteidigen und auszubauen, verzichten sie auf zuverlässig gelieferte billige Energieträger und Rohstoffe und Exportmärkte. Stattdessen haben sie sich tiefer in die Abhängigkeit vom aggressivsten und unzuverlässigsten Handelspartner begeben, den die neuere Geschichte je gesehen hat. Der US-Imperialismus zerreißt nach Belieben Verträge, sanktioniert Freund und Feind.

Das herrschende Parteienkartell will "sparen": Bei Sozialleistungen, Löhnen, bei Bildung, Gesundheit und Kultur und bei Vorsorgemaßnahmen gegen die Folgen der Erderwärmung. Da das nicht reicht, die gemeinschaftlich gewollte Militarisierung und Kriegsvorbereitung zu betreiben, werden natürlich Schulden gemacht. Gezahlt wird später. Nur nicht von den Kapitalisten. Deren Steuerlast soll verringert werden.

Auf dem Boden des Kapitalismus ist keine Alternative möglich. Um davon abzulenken, wird über die durch die Politik des sog. Westens selbst befeuerte Immigration lamentiert. Aber nicht die Immigranten haben die Welt in die Krise gestürzt, sondern die NATO und ihre Verbündeten. Ausländerhetze kann die Krise nicht lösen. Die Bourgeoisie ist nicht zur Umkehr fähig. Ihre Parteien ebenso nicht. Ihre Wahl sinnlos. Veränderungen müssen von der Arbeiterklasse, von Arbeitern, Angestellten, der Jugend durchgesetzt werden. Dies ist nur durch die Veränderung des gesellschaftlichen Kräfteverhältnisses möglich. Und diese Veränderung wird in erster Linie außerhalb der Parlamente stattfinden. Parteien wie die LINKE und jetzt das BSW beweisen immer wieder, daß über die Parlamente allein keine wesentlichen Änderungen durchsetzbar sind.

Kampf für den Sozialismus - die einzige Alternative

Natürlich kann das internationale Umfeld nicht über Nacht verändert werden. Und ohne eine neue revolutionäre Massenpartei kann es nicht so schnell eine umfassende gesellschaftliche Umwälzung geben. Aber der Kampf kann und muß heute schon beginnen.

Die Arbeiterklasse in Deutschland kann im Kampf gegen den Marsch in den nächsten Weltkrieg eine Schlüsselrolle spielen. Dieser Kampf beginnt mit dem Widerstand gegen weitere Waffenlieferungen in die Ukraine, mit dem Rückzug aller im Ausland stationierten Truppen und mit dem Kampf für den sofortigen Austritt aus der NATO.

Dem Wirtschaftskrieg gegen Rußland muß durch die sofortige Aufhebung aller Wirtschaftssanktionen ein Ende gemacht werden. Der Kehrseite des Wirtschaftskrieges, massive Reallohnkürzungen durch Inflation und Abbau von Sozialleistungen, muß durch die automatische und je kurzfristige Anpassung der Einkommen an die Geldentwertung abgefangen werden.

Die Energiewirtschaft muß in Gemeineigentum überführt werden. Das Gesundheitssystem und die Pharmaindustrie dürfen nicht länger privater Willkür zugunsten steigender Profite bei gleichzeitiger Verschlechterung der Leistungen ausgeliefert sein. Seine Verstaatlichung steht auf der Tagesordnung. Gesundheit darf nicht länger eine Ware bleiben.

Es muß ein einheitliches Sozialversicherungssystem geschaffen werden, das sich auf eine progressive Abgabe auf alle Einkommensquellen stützt. Solidarität kennt keine Obergrenzen.

Die gegenwärtig alle Grenzen übersteigende Militarisierung muß gestoppt werden. Stattdessen braucht die Gesellschaft eine Investitionsoffensive in Sachen Umwelt, Bildung, Gesundheit und Infrastruktur.

DE 10.02.2024