Widerstand gegen die Ausplünderung des Irak
Von Nick Brauns
Mit ihrem Buch »Das Kriegsunternehmen Irak — eine Zwischenbilanz« knüpft die Karlsruher Rechtsanwältin Brigitte Kiechle chronologisch und inhaltlich an ihr 2003 kurz vor Kriegsbeginn erschienenes Werk »Irak. Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft« an. Die Autorin hat den Irak vor der US-Invasion bereist und unterhält seit Jahren berufliche sowie politische Kontakte zu irakischen Oppositionellen.
Kiechle warnt vor einer Teilung des Zweistromlandes entlang ethnischer und religiöser Grenzen, wie sie von den Besatzern im Sinne ihrer Teile-und-Herrsche-Politik faktisch betrieben wird. Die Autorin tritt für das Selbstbestimmungsrecht der Kurden ein, geißelt aber auch die »ethnischen Säuberungen« gegen Araber in Kirkuk und benennt die Kollaboration der kurdischen Parteien mit den Besatzern als »Sackgasse«. »Die politische und praktische Perspektive der irakischen Kurden liegt nicht im Bündnis mit den Besatzern, sondern ausschließlich in einem grenzüberschreitenden Bündnis mit den demokratischen Kräften der Region, unabhängig von der Volkszugehörigkeit.«
Widerspruch mag Kiechles Feststellung ernten, »die Grundfehleinschätzung liegt bereits darin, die derzeitigen bewaffneten Aktionen im Irak zu einem ›nationalen Befreiungskampf‹ schön zu reden und ihnen das Gütesiegel ›antiimperialistisch‹ zu verleihen«, obwohl die derzeitigen Hauptakteure des bewaffneten Widerstands mit demokratischen und emanzipatorischen Grundsätzen nichts gemein hätten. Angesichts der auch von Kiechle attestierten Unglaubwürdigkeit der Irakischen Kommunistischen Partei durch ihre Teilnahme am »Nation-Building-Prozeß« der Besatzer erscheint es natürlich, daß der bewaffnete Widerstand sich vorerst in einem nationalistischen oder religiösen Gewand zeigt. Solange dieser Kampf sich gegen die Besatzung richtet, verdient er die Solidarität von Antiimperialisten. Dies schließt Kritik nicht aus.
Während Kiechle die grundsätzliche Legitimität bewaffneten Widerstands anerkennt, hält sie es für eine Illusion, den Kampf gegen die Besatzung allein auf militärischer Ebene zu gewinnen. Da Krieg und Besatzung für die USA und ihre Verbündeten keinen Selbstzweck darstellen, sondern notwendige Voraussetzung für den Zugriff auf profitable Teile der irakischen Industrie sind, steht die Gewerkschaftsbewegung im Zentrum der wichtigsten Auseinandersetzungen für die Zukunft des Irak. In der organisierten Arbeiterschaft sieht Kiechle den politisch stärksten Gegner der Besatzerpläne zur Ausplünderung des Landes.
* Brigitte Kiechle: Das Kriegsunternehmen Irak — Eine Zwischenbilanz. Schmetterling Verlag Stuttgart 2006, 304 Seiten, 18,80 Euro