Arbeitskreis "Marxistische Theorie und Politik"
Wofür wir stehen !
Wir sind für den Sozialismus.
Revisionismus und Stalinismus, sind für uns zwei Formen der Verbürgerlichung der sozialistischen Bewegung. Ebenso sind wir gegen jede Form von Sektierertum.
Es gibt kein einfaches Zurück zu Marx. Der Marxismus von heute kann nicht 150 Jahre Geschichte der Arbeiterbewegung ignorieren. Dennoch sind wir gegen die vordergründige Fortsetzung des Streits der historisch entstandenen Strömungen (Stalinismus, Maoismus, bzw. Trotzkismus etc.), weil wir davon ausgehen, daß die schwere Niederlage von 1989-91 in ihrer Wirkung alle Linken gleich trifft (obwohl einige mehr Recht hatten in der Bewertung des real existierenden Sozialismus als andere). Wir treten ein für eine materialistische Kritik aller historischen Strömungen der Arbeiterbewegung.
Wir gehen davon aus, daß gegenwärtig keine Partei in jeder Frage "Recht" hat, denn alle organisatorischen Ansätze stecken in der Krise, können daher ein Ausgangspunkt für eine moderne sozialistische Partei sein oder auch nicht. Daher halten wir es z.Z. für legitim, überall mitzuarbeiten, ohne die kritische Distanz zum "eigenen Laden" zu verlieren und sich zugleich unserem Diskussionszusammenhang anzuschließen.
Wir stehen für einen konsequenten Marxismus auf dem theoretischen und politischen Niveau des 21. Jahrhunderts, das heißt dieser Marxismus ist:
entschieden materialistisch
Es kommt darauf an, die Dinge so zu sehen, wie sie sind und nicht wie wir sie gern hätten. Die Dinge in ihrem Gewordensein und ihrer historischen Perspektive zu verstehen, heißt vor allem, sie aus ihren sozialökonomischen Bedingungen zu erklären.
- Die Geschichte aller Gesellschaft ist die Geschichte des Klassenkampfes, hinter allen politischen Wirkungen stehen sozial-ökonomische Ursachen. Dies trifft nicht zuletzt auf die ideologischen Auseinandersetzungen der historischen Strömungen der Arbeiterbewegung zu.
- Das bedeutet auch, die Katastrophe des Stalinismus nicht aus der Persönlichkeit von Stalin zu erklären, sondern aus den objektiven sozialökonomischen Strukturen der Sowjetgesellschaft und dem internationalen Kräfteverhältnis nach dem 1. Weltkrieg.
- Die Überwindung der Klassengesellschaft ist nicht nur ein moralisches Gebot, sondern vor allem eine ökonomische, soziale und ökologische Notwendigkeit.
- Wir wissen, daß die Haltung von Sozialisten zu Kriegen davon bestimmt wird, welche Klassen mit welchen Klassenzielen den Krieg führen. NATO- Kriege, mit oder ohne UN-Mandat, bedürfen keiner "Einzelfallprüfung". Wir wissen dennoch, daß der Krieg das Größte aller Übel ist und das Sozialisten, die Kriege zur Befreiung der Menschheit führen müssen, damit ihre Ideale beschädigen. In diesem Sinne sind Marxisten konsequente Pazifisten, aber keine Idioten.
- Marxisten kämpfen gegen jede Form von Mystik: Religionen, Esoterik, Personenkult, Weltuntergangstheorien, Zivilgesellschaftsmärchen, Heiligsprechung bestehender Verhältnisse und werden immer dann mißtrauisch, wenn Sie etwas glauben sollen, wo sie es wissen müßten.
- Auch der Materialismus ist ständig historisch neu zu begründen.
- Er bedeutet für uns auch zu erkennen, daß die verschiedenen politischen Organisationen und Strömungen, die einen revolutionären Anspruch formulieren, alle verschiedene Defizite in inhaltlich- theoretischer, politisch-praktischer und organisatorischer Hinsicht aufweisen, so daß wir bei keiner Organisation den selbst formulierten Führungsanspruch als revolutionäre Partei akzeptieren können. Dabei wollen wir selbstverständlich nicht alle Organisationen oder die verschiedenen Mitglieder in ihnen gleichsetzen, d. h. wir wollen ihren individuell- subjektiven Anspruch nicht in Frage stellen, fordern Sie aber auf zu erkennen, daß wir alle in begrenzten Verhältnissen leben oder anders gesagt: es gibt in Deutschland keine ernsthafte revolutionäre Massenpartei.
- Die Lösung liegt nicht in einer Konsensfindung (Einheitsprojekte, Debattenzeitungen etc.) der verschiedenen Ansätze, Gruppen, Parteien, sondern in der Rückbesinnung und Konzentration auf die (heute verwässerten) elementaren strategischen Fragen des proletarischen Klassenkampfes und der ihm gemäßen Organisationsformen, sowie in der Neuformulierung des proletarischen Programms für das 21. Jahrhundert.
entschieden dialektisch
- Die Geschichte kennt nicht nur Schwarz und Weiß, sondern vor allem viele Grautone; das Wesentliche der Welt ist nicht der starre Gegensatz, sondern die Wechselwirkung.
- Die Wahrheit ist immer eine Einheit von Wirklichkeit und Möglichkeit, daraus erklärt sich die Notwendigkeit der Revolution und nicht nur aus ethischen Prinzipien.
- Die Krise der revolutionären Bewegung ist das Resultat der Schwache ihrer Führung, insbesondere auf dem Gebiet der Theorie.
- Für die Revolutionäre gilt: das Tempo ihrer eigenen Erkenntnis ist oftmals ungleich dem objektiven Gang der Geschichte.
entschieden revolutionär
- Wir kennen Klassen. Die PDS-Führung nicht. Deswegen wissen wir auch, wer das historische Subjekt der Revolution ist.
- Die zentrale Aufgabe der Gegenwart besteht darin, der Arbeiterklasse dabei zu helfen, den Zustand ihrer Demoralisierung, Verwirrung, ideologischen Konfusion und organisatorischen Zersplitterung zu überwinden. Die Gründung von Wahlvereinen reicht dazu nicht aus.
- Fortschrittlich ist jede Tätigkeit, die der Arbeiterklasse dabei hilft, eigene Erfahrungen über ihre objektive Stellung in der Gesellschaft zu sammeln.
- Die erste Stufe des Sozialismus ist die autonom organisierte Herrschaft aller Werktätigen (Rätedemokratie) über eine kleine Minderheit ehemaliger Ausbeuter und damit jeder parlamentarischen Demokratie haushoch überlegen.
- Rätedemokratie ist undenkbar ohne die Freiheit der Debatte, Freiheit aller Parteien, die Anhänger im Proletariat haben und freien Zugang zu allen Massenmedien
- Die revolutionäre Partei kann nur Anspruch auf die Führung der Klasse erheben, soweit es ihr gelingt, die Mehrheit der Klasse freiwillig hinter sich zu bringen und nur insofern ist sie wirklich revolutionär.
entschieden ökologisch
- Die Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen der Menschheit ist nicht eine von vielen zu lösenden Aufgaben, sondern Voraussetzung ihrer Existenz; eine Aufgabe die auf der Basis der Anarchie der Warenproduktion, d.h. im Kapitalismus, grundsätzlich nicht lösbar ist, eine Erkenntnis, über die wir schon seit Marx'ens "Kapital" verfügen.
- Profitwirtschaft und Aufrechterhaltung ökologischer Kreisläufe schließen sich mikroökonomisch, volkswirtschaftlich und weitwirtschaftlich aus. Voraussetzung eines Gleichgewichts zwischen menschlicher Gesellschaft und außermenschlicher Natur ist eine selbstverwaltete Planwirtschaft, die auf demokratischer Grundlage über Ressourceneinsatz und -verbrauch, Technologiefolgenabschätzung und die Produktionsziele (Produkte) entscheidet.
- Die ökologische Frage ist primär eine Klassenfrage, nicht nur eine Menschheitsfrage. Über die Frage, ob die Revolution sich an der sozialen oder an der ökologischen Frage entzünden wird, besteht weiterer Diskussionsbedarf.
- Die entscheidende Lösung der ökologischen Krise ist nicht im Bereich der Konsumtion (Recyclingwirtschaft, Konsumverzicht, Bedürfnisregulierung) zu suchen, sondern im Bereich der Produktion (lineare Fertigung kontra Kreislaufwirtschaft) zu suchen. Der Verzicht der Grünen auf den "Ökosozialismus" bedeutet ihren grundsätzlichen Verzicht auf eine nachhaltige ökologische Politik.
entschieden emanzipatorisch
- Elementarer Bestandteil jeder sozialistischen Politik ist der Einsatz aller (individuell und kollektiv) Sozialisten gegen jede Form der Unterdrückung, Ausbeutung, Diskriminierung und rassistischen Verfolgung von Minderheiten oder Mehrheiten, unter allen ideologischen Begründungen.
- Die weltweit am stärksten unterdrückte Mehrheit sind die Frauen. Der Kampf für die soziale und rechtliche Gleichstellung der Frauen ist Bestandteil und Voraussetzung jeder revolutionären Bewegung und damit ihr Kriterium.
- dieselben Grundsätze gelten sinngemäß für unterdrückte Nationen, nationale Minderheiten, rassisch Unterdrückte, Behinderte und sexuelle Minderheiten sowie für die Kinder
entschieden internationalistisch
- Wir wissen, der proletarische Klassenkampf ist der Form nach national, seinem Inhalt nach international. Internationalismus als Prinzip ist humanistisch, aber nur als organisierte internationale Praxis ist er revolutionär.
Wir sind weder antideutsch, noch antieuropäisch oder antiamerikanisch, sondern internationalistisch. - Der Kapitalismus ist von Anfang an ein Weltsystem der Ausbeutung und Arbeitsteilung. Die Arbeiterklasse ist von Anfang an eine internationale Klasse unter diesen Bedingungen. Der Imperialismus ist ein Ausdruck der Zuspitzung der Klassenkämpfe. Die Ideologie der Globalisierung ist nicht Ausdruck einer neuen Stufe der Internationalisierung des Kapitals und der Märkte, sondern nur der ideologische Widerschein der hier handelnden internationalen Monopole und zugleich Reflex ihrer Verselbständigung gegenüber dem bürgerlichen Nationalstaat. Im Rahmen des Globalisierungsgeredes bildet die Standortlogik eine Kampfideologie gegen die desorientierte Arbeiterklasse.
- Klassensolidarität ist erste Genossenpflicht. Ihre Formen und Methoden sind sehr vielfältig, führen aber nicht automatisch zum politischen Klassenbewußtsein.
- Unsere Perspektive für Europa ist nicht eine reformierte EU, sondern die Vereinigten sozialistischen Staaten von Europa, die ihr Verhältnis zu den ehemaligen europäischen Kolonien auf völlig neuer ökonomischer und sozialer Grundlage bestimmen werden.
Beschlossen im Herbst 2000 in Berlin
Dr. Gerhard Branstner, Andi Leipziger, Peter Feist, Meno Hochschild und
Dieter Wilhelmi